Eichstätt

Böhmfelder wollen Funkantenne aus Wohngebiet verbannen
Bürgerversammlung mit Podiumsdiskussion fand große Resonanz / Alfred Ostermeier übergibt Karte mit Alternativstandorten
Böhmfeld (sdr) Die Sorge um ihre Gesundheit schweißt die Böhmfelder Bürger zusammen: Sie wollen, dass die Mobilfunkantenne, die T-Mobil vor wenigen Monaten mitten im Dorf installiert, aber bisher noch nicht in Betrieb genommen hat, aus dem Wohngebiet entfernt wird, und unterbreiten Vorschläge für andere Standorte außerhalb des Dorfes. Harald Jendryka, Helmut Krome, Martina Trini, Dr. Bernd Weber und Maria Weiß gründeten dazu die Bürgerinitiative "Sendemastfreies Böhmfeld". Viele Bürgerinnen und Bürger bekundeten per Unterschrift ihre Solidarität. Bürgermeister Alfred Ostermeier organisierte kurzfristig eine Bürgerversammlung unter dem Motto "Mobilfunk in Böhmfeld · Gefahr für unsere Gesundheit?"
Für eine vielseitige und sachliche Information der Versammlungsteilnehmer konnte er den Umweltingenieur Michael Schmelz vom Landratsamt Eichstätt, Siegfried Zwerenz, den Vorstandssprecher des Dachverbandes der Bürgerinitiativen zum Schutz vor Elektrosmog (Bürgerwelle e. V.), von der Abteilung "Netzbau" bei DeTeMobil Diplomingenieur Ulrich Wittfeld und den Humanmediziner und Leiter des Gesundheitswesens beim Landratsamt Eichstätt, Dr. Hanspeter Kubin, gewinnen.

60 000 SendemastenAls Leiter der sehr gut besuchten Versammlung verwies Bürgermeister Ostermeier zu Beginn auf die Tatsache, dass in Deutschland vier Mobilfunkbetreiber mittlerweile ein Netz von 60 000 Sendemasten mit Tendenz zu weiterer Verdichtung aufgebaut haben. Mittlerweile kommunizieren acht Millionen der insgesamt zwölf Millionen Bürger in Bayern tagtäglich via Handy. Die Angst vor gesundheitlichen Risiken sei verständlich. Jedoch könne jeder Einzelne dazu beitragen, die vermuteten, teils auch schon bewiesenen Gefahren auf ein geringes Maß zu beschränken, indem er verantwortungsvoll mit der sowohl segensreichen, als auch umstrittenen Errungenschaft der Technik umgehe und damit den weiteren Ausbau der Handy-Sendeanlagen bremse, gab Ostermeier zu bedenken. Man nehme die Vorbehalte und Befürchtungen der Böhmfelder Bürger sehr ernst, machte der Gemeindechef deutlich. Deshalb habe die Gemeinde bereits bei der Ankündigung, dass auf der Telekom-eigenen Immobilie am Kapellenweg eine Mobilfunkantenne im nicht genehmigungspflichtigen Rahmen montiert werden solle, umgehend einen Standort außerhalb der Ortschaft vorgeschlagen, allerdings ohne Erfolg.

Man wehre sich in Böhmfeld nicht grundsätzlich gegen diese Technologie, hob Helmut Krome, der Sprecher der Bürgerinitiative, hervor. Aber man wolle in Bezug auf die Sendeantenne vor Ort den Umgang damit so gesundheitsverträglich und risikoarm wie möglich halten.

"Bevor Sendeanlagen in Betrieb genommen oder abgeändert werden, überprüfen wir, ob sie der Bundesimmissionsschutzverordnung entsprechen und ob die notwendigen Sicherheitsabstände eingehalten werden", klärte Umweltingenieur Michael Schmelz, der bei der Erstellung des Mobilfunkkatasters des Landkreises Eichstätt mitwirkt, auf. Grenzwerte zielten auf thermische Effekte ab, die Fachwelt bestreite aber auch biologische, so genannte athermische Auswirkungen nicht. Allerdings lägen dazu keine übereinstimmenden Erkenntnisse vor.

Die Verharmlosung der schwerwiegenden Folgen von elektromagnetischen Strahlen · besonders wenn es sich um gepulste Wellen handelt · auf die Gesundheit von Mensch und Tier ist eine Täuschung der Öffentlichkeit", beharrte Heilpraktiker und Baubiologe Siegfried Zwerenz, der seit 1998 diesbezügliche Studien begleitet. Ob Schlaf-, Herzrhythmus- oder Fruchtbarkeitsstörungen, Blutbildveränderungen und Tumorkrankheiten, sie könnten in der Nähe von Sendeanlagen vermehrt auftreten, wobei es bei den einzelnen Individuen jedoch erhebliche Empfindlichkeitsschwankungen gebe.

Ulrich Wittfeld von DeTeMobil, dem größten Netzbetreiber in Deutschland, machte die Notwendigkeit des Ausbaus der Sendeanlagen deutlich: Heute halten 50 Millionen Deutsche den "kleinen Mann" regelmäßig ans Ohr · wo immer sie sich gerade aufhalten. Allein 20 Millionen Bundesbürger bedienen sich des T-Mobil-Netzes. Bei der Errichtung von Sendeanlagen würden stets das Bundesimmissionsschutzgesetz und in Bayern das Bayerische Baugesetz eingehalten, unterstrich Wittfeld. Funknetzplaner beachteten dabei die jeweilige Bebauung, die Topographie und den Bewuchs. Die Antenne in Böhmfeld sei in erster Linie für die örtlichen Handynutzer erforderlich, damit sie auch im Haus und im Auto ohne Beeinträchtigung telefonieren und Kurznachrichten verschicken bzw. empfangen können.

Langwierige Forschung"Behörden und Ärzte sind tätig in Sachen Elektrosmogschäden beim Menschen", informierte Dr. Hanspeter Kubin vom Landratsamt Eichstätt. Deswegen habe die Bundesärztekammer erst jüngst dazu eine diesbezügliche Befragung der Ärzte in Deutschland vorgenommen, deren Zusammenfassung aber noch nicht vorliege. Die Forschung über die Auswirkungen von elektromagnetischen Wellen auf den Organismus sei langwierig, da die Signifikanz zu gering sei.

Auch reagiere das Hormonsystem der Versuchstiere anders als das von Menschen, weshalb die Ergebnisse nicht ganz vergleichbar seien. Fest stehe jedoch, dass das körpereigene elektromagnetische System des Menschen von elektromagnetischen Wellen aus der Umwelt beeinflusst werde, was aber nicht zwangsläufig negative Effekte nach sich ziehe, konnte Dr. Kubin beruhigen. Ausschlaggebend seien dabei Dosis und Dauer.

Im Anschluss wollten Zuhörer wissen, ob die UMTS-Technik auch in Böhmfeld Einzug halte. Zuerst seien die Städte dran, meinte Ulrich Wittfeld von DeTeMobil, erst in Jahren sei mit UMTS-Einrichtungen eventuell auch auf dem Land zu rechnen. Die Frage, ob Kinder, Kranke und Senioren bei den Studien berücksichtigt würden, konnte Dr. Kubin bejahen, allerdings seien aus ethischen Gründen nur Langzeitexpositionen heranzuziehen. Eventuell berufsbedingte elektromagnetische Mehrbelastung solle nicht zu Panik führen, da der dabei ausgelöste psychische Stress gefährlicher sein könne als die Auswirkungen des Elektromagnetismus. So habe nicht selten schon der Anblick eines Mobilfunkmasten, ohne dass dieser in Betrieb war, bei den Anwohnern reale Krankheitssymptome ausgelöst.

"Die Angst ist da"

"Egal, wie man den Mobilfunk sieht, die Angst in der Bevölkerung ist da", resümierte Bürgermeister Ostermeier am Ende der fast vierstündigen aufschlussreichen und sehr disziplinierten Veranstaltung und drückte dem Vertreter von T-Mobil eine Flurkarte mit mehreren alternativen Standorten für den Böhmfelder Sendemasten in die Hand. Sie sind mindestens 500 Meter von Wohngebieten entfernt und damit wesentlich unbedenklicher als der jetzige Standort im Ort. Der Mast solle dann auch so konzipiert werden, dass Platz für notwendig werdende Antennen anderer Netzbetreiber ist.

Ulrich Wittfeld konnte zwar von sich aus keine Versprechungen machen, sicherte aber eine Überprüfung durch den zuständigen Funknetzplaner der Firma T-Mobil zu.


DONAUKURIER, BER 24.04.2001

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